Motorrad ohne Tank

Ich habe mir ein Motorrad gekauft. Ich hatte schon ein anderes Motorrad, bevor ich mir dieses Motorrad gekauft habe, aber jenes Motorrad habe ich verkauft, nachdem ich mir dieses Motorrad gekauft habe. Das Motorrad, das ich gekauft habe, ist ein altes Motorrad – so viel älter und schäbiger als das Motorrad, das ich verkauft habe und das ein fast neues Motorrad war.

Ich habe mir ein schäbiges altes Motorrad gekauft in einer Garage in Iserlohn. Und als ich auf dem Weg nach Iserlohn war, um mir ein altes schäbiges Motorrad zu kaufen, habe ich mich gefragt, ob ich das wirklich tun soll, mir ein altes schäbiges Motorrad kaufen, nur weil ich im Internet auf der Webseite einer Motorradwerkstatt aus Dortmund ein aussergewöhnliches Motorrad gesehen habe und sodann gleich in Dortmund anrief, um den Meister zu fragen, ob er mir dabei helfen könne, eines Tages ein ebenso aussergewöhnliches Motorrad zu fahren wie er. So fuhr ich also nach Iserlohn und fragte mich, ob ich das tatsächlich tun solle, mir ein altes schäbiges Motorrad zu kaufen, nur weil der Meister nach anfänglichem Zögern mir am Telefon gesagt hatte, dass er mir schon helfen könne, eines Tages ein ebenso aussergewöhnliches Motorrad zu fahren, jedoch bräuchten wir dazu das passende Ausgangsmaterial, aus dem sich ein ebensolches aussergewöhnliches Motorrad auch herstellen liesse. So fuhr ich also zu einer Garage in Iserlohn, um mir ein passendes Ausgangsmaterial für ein aussergewöhnliches Motorrad zu kaufen, das zu diesem Zeitpunkt noch ein altes, ziemliches schäbiges Motorrad war und ich fragte mich, ob es so schlau ist, ein 35 Jahre altes, schäbiges Motorrad zu kaufen, das von einem Mann in Iserlohn verkauft wurde, der es in den letzten zehn Jahren besass und es, wie er mir am Telefon gesagt hatte, verkaufen wolle, da es, das Motorrad, seine Bandscheiben zunehmend plage und nach meiner Befürchtung bestimmt so alt und schäbig war, dass es ein ziemlich unkalkulierbares finanzielles Risiko darstellte. Und so stand ich dann endlich in der Garage in Iserlohn, sah erwartungsgemäss ein altes und schäbiges Motorrad, für dessen materiellen Erhalt nicht nur in den letzten zehn Jahren offensichtlich ausser der anhand der Werkstattrechnungen ausgewiesenen notwendigsten Wartungsarbeiten so gut wie nichts investiert worden war und fragte mich, ob ich das wirklich tun solle und fragte mich das bis zu dem Moment, da der Mann mit den durch dieses Motorrad geplagten Bandscheiben den Schlüssel in das Schloss des alten und schäbigen Motorrades steckte, den Chokehebel betätigte und schliesslich den Anlasser drückte. Ich stand in einer Garage in Iserlohn und musste laut lachen, denn das was geschah als der Mann den Anlasser drückte, war unerhört. Es war unerhört, da diese Sinfonie aus dem Klickern der Ventile, dem Schnüffeln der offenen Vergaser und dem vollkommen ungenierten Bollern des Auspuffs unvermittelt und plötzlich ein Fenster eröffnete zurück in eine Zeit, in welcher man aufhörte Motorräder zu bauen und begann Kraftfahrzeuge zu produzieren, die vornehmlich der Freizeitbeschäftigung dienen sollten und die zunehmend, dem Zeitgeist folgend, mit Luftfiltern, Schalldämpfern, Plastik, Elektronik und Vorschriften zugestopft wurden. Es war unerhört, dass da in der Garage in Iserlohn offensichtlich eines der letzten Motorräder stand, dessen rotzige Lebensäusserungen auf einen gänzlich unvorbereiteten Motorradfahrer trafen, der sehr wohl wusste, zu was dieses Motorrad fähig ist aber im Laufe der Jahre vergessen hatte oder vergessen musste, wie sich das, zu dem ein echtes Motorrad fähig ist, anhört, anriecht und anfühlt.

Ich habe in den letzten Jahren viele unterschiedliche Motorräder ausprobiert, unterschiedliche Motorräder der unterschiedlichsten Motorradgattungen, von denen ich manchmal gar nicht wusste, das es sie mittlerweile gibt, so wenig habe ich mich vor den letzten Jahren um Motorräder gekümmert. Ich habe aber immer nur Motorräder ausprobiert, die nicht mehr als zwei Zylinder hatten, denn ich finde, mehr als zwei Zylinder braucht kein Motorrad, auch wenn die Experten in den Motorradmagazinen immer schreiben, dass die mehrzylindrigen Motoren über mehr Laufkultur verfügten, je mehr Zylinder sie hätten und ich mir dann immer denke, wenn ich Kultur bräuchte, könnte ich ja ins Theater gehen oder Arte gucken und müsste nicht motorradfahren. Ich habe in den letzten Jahren nach den vorletzten Jahren die unterschiedlichsten Motorräder ausprobiert, ich habe Chopper gefahren, deren Schalldämpfer man laut oder leise stellen konnte, Superbikes, die so aussahen wie aus Origamipapier gefaltet, Naked Bikes, die das Design eines Monsterinsekts hatten und dann noch Powercruiser, Enduros und Supermotos, die auch irgendein Design hatten und auch irgendwie so aussahen, was ich aber vergessen habe. Alle diese Motorräder, die ich fuhr, waren ganz hervorragende moderne Kraftfahrzeuge, aber immer wenn ich diese Motorräder fuhr, hatte ich nach einiger Zeit das Gefühl, ich würde irgendetwas anderes machen – nur nicht motorradfahren.

„Drei Wochen“, sagte der Mann am anderen Ende der Telefonleitung, den ich angerufen hatte, um ihn zu fragen, wie lange es dauern würde, bis er den Tank des alten und schäbigen Motorrades, das ich in Iserlohn gekauft und das den Winter über in der Werkstatt des Meisters in Dortmund gestanden hatte, die immer so aussieht, als seien gerade eben mindestens 10 Motorräder explodiert, was mich aber bei meinen Besuchen in der Werkstatt gar nicht störte sondern ganz im Gegenteil ausserordentlich freute, weil mein Büro auch immer so so aussieht, als seien gerade eben mindestens 10 Aktenordner explodiert – bis also der Mann am anderen Ende der Telefonleitung, den Tank des alten schäbigen Motorrades, den ich mitsamt Motorrad im Frühjahr zu mir in den Nordschwarzwald überführt hatte und welcher naturgemäss nach 35 Jahren seines Bestehens etwas Rost in seinem Inneren aufwies, von diesem Rost befreit und sodann rostsicher versiegelt haben würde. „Drei Wochen“, sagte also der Mann am anderen Ende der Leitung und ich sagte nichts mehr, dachte vielmehr an meine erstaunlichen ersten Runden mit meinem neuen, alten, schäbigen, rostigen und scheppernden Motorrad durch den Nordschwarzwald, während denen ich niemals auf den Gedanken kam, gerade etwas anderes zu machen als motorradzufahren und sagte nichts mehr, bis der Mann am anderen Ende der Telefonleitung, der sich auf die Entrostung und Versiegelung von alten Motorradtanks spezialisiert hatte, sagte: „Ja, ich weiss, das ist hart.“ Und so demontierte ich also, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, unverzüglich den rostigen Tank des alten und schäbigen Motorrades, leerte und reinigte ihn, verstaute ihn sorgfältig in einem Paket, schrieb auf dieses Paket „Vorsicht! Zerbrechlich! Glas!“ und versendete das Paket mit Tank an den Mann von der Tankversiegelung.

Und so hatte ich jetzt ein Motorrad ohne Tank und stand jeden Tag vor meinem Motorrad ohne Tank, schaute es an und überlegte mir anfänglich, warum ich Trottel jetzt vor einem alten schäbigen Motorrad ohne Tank stehe und es anschaue statt ein neues, ganz hervorragendes Motorrad mit Tank zu fahren, das gar keinen Rost im Tank haben kann, da dieser nämlich aus Plastik ist, und das ich verkauft hatte. Aber dann dachte ich mir trotzig: Besser ein Motorrad ohne Tank als gar kein Motorrad mit Tank und machte mich daran, das alte Motorrad ohne Tank Zug um Zug zu renovieren. Ich zerlegte also die Vergaser und machte mir Gedanken um ein Motorrad ohne Tank und fragte mich, was nur damals in der Garage von Iserlohn geschehen ist, dass ich Iserlohn nicht verlassen konnte, ohne das alte und schäbige Motorrad zu kaufen, welches nun ohne Tank und somit vollkommen nutzlos vor mir stand. Und während ich die Vergaser reinigte, erinnerte ich mich daran, kürzlich in den Motorradmagazinen gelesen zu haben, dass BMW, die ja der letzte ernstzunehmende Motorradhersteller in Deutschland sind, derzeit einen neuen Boxermotor entwickelt. Dazu muss man wissen, dass der Boxermotor ein fester Bestandteil des Markenkerns von BMW Motorrad ist, da BMW seit den 1930er Jahren an dem Konzept dieses luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotors bis in die heutige Zeit festgehalten hat, auch wenn mit dem Boxermotor einige Nachteile verbunden sind und BMW immer auch andere Arten von Motoren in ihren Motorrädern verbaute. Einer der unbestrittenen Vorteile der Boxermotoren aber, der auch bis in die heutige Zeit hinein von BMW und den BMW-Fahrern immer wieder gerne betont wird, ist die effiziente Luftkühlung der beiden Zylinder, die jeweils links und rechts im 90° Winkel aus dem Motorenblock herausragen und somit vollständig dem kühlenden Fahrtwind ausgesetzt sind, was den BMW Konstrukteuren bisher erlaubte, für den Boxermotor auf den Einsatz einer komplexer zu konstruierenden Wasserkühlung verzichten zu können. Nun hatte ich in den Magazinen gelesen, dass BMW zwar weiterhin an dem Konzept des Boxermotors festhielt, statt der Luftkühlung aber zum ersten Mal eine Wasserkühlung testete und diesen Fortschritt sogleich ganz geheim an die Motorradjournalisten durchsteckte, damit diese das sofort und ganz exklusiv ihrer Leserschaft enthüllten und BMW somit indirekt die Reaktionen der eigenen Anhängerschaft testen konnte. Den Berichten war auch ein Bild beigefügt, so erinnerte ich mich, und dieses Bild zeigte ein sonderbares Ding, es zeigte einen wassergekühlten Motor, der gar nicht wie ein wassergekühlter Motor aussah, da er nämlich nach wie vor die für die Luftkühlung unabdingbaren Kühlrippen aufwies, die er ja so nicht mehr brauchte, da unter den Kühlrippen das kühlende Wasser um die Zylinder herum gepumpt und damit die eigentliche Kühlwirkung erzielt werden sollte. Der Motor war, so wie er sich auf dem Bild präsentierte, zwei in einem, dachte ich und versah währenddessen die Vergaser mit neuen Dichtungen, er war ein moderner, wassergekühlter, effizienter Zweizylindermotor, und er war gleichzeitig die Attrappe eines luftgekühlten Motors, der nach wie vor seine zwei Zylinder im 90° Winkel links und rechts aus dem Motorblock in den Fahrtwind streckte und dabei die für eine Luftkühlung unabdingbaren und für eine Wasserkühlung nutzlosen Kühlrippen präsentierte. Dieser Motor in seiner Form, dachte ich, hatte demnach auch zwei Funktionen, er hatte die Funktion eines Motors und die Funktion einer Täuschung, da ein Teil seiner Funktion von der Form abgelöst war, ein Teil seiner Funktion, nämlich die Wasserkühlung, nicht mehr an seiner Oberfläche abgelesen werden konnte und die tatsächliche Form dem Betrachter den Eindruck einer Luftkühlung vermitteln sollte. Kurz gesagt, der Motor tat so, als sei er luftgekühlt, er war es aber nicht.

Es gibt Motorräder, so wusste ich, die tragen nach wie vor ihren Tank zwischen Lenker und Sitzbank, bevorraten aber ihren Sprit im Rahmen oder unter dem Sitz, so wie es Motorräder gibt, die ich gefahren habe und die „so tun als ob“ sie einen ungefederten, starren Rahmen besässen und die dennoch vorhandene Federung unsichtbar unter dem Getriebe verbergen. „So tun als ob“ also, dachte ich und tauschte die beiden ausgeschlagenen Gasschieber der Vergaser gegeneinander. „So tun als ob“ löst in einem ersten Schritt die Form von der eigentlichen Funktion ab und verändert in einem zweiten Schritt die abgelöste Form oder die Funktion dergestalt, dass sie eine andere Funktion oder Form als die tatsächliche behauptet. Die behauptete oder untergeschobene Funktion der abgelösten Form soll durch den Betrachter implizit erkannt und verstanden werden, obwohl die tatsächliche Funktion eine ganz andere ist. Es gibt aber auch eine Art der Ablösung von der Form, so dachte ich, die nicht durch den Betrachter oder Anwender implizit erkannt sondern ihm explizit erklärt werden muss. Diese Ablösungen der Form von der Funktion schaffen neue Deutungsmuster von Formen und finden sich beispielsweise in fast jedem modernen Automobil. Es ist noch nicht allzu lange her, erinnerte ich mich und setze die Vergaser wieder zusammen, da fanden sich in jedem Auto auf dieser Welt an der Fahrer- und Beifahrertür, bei Viertürern oft auch an den hinteren Türen, kleine Kurbeln, die so genannten Fensterkurbeln. Die Funktion dieser Fensterkurbel war ihrer Form einfach abzulesen, die Kurbel war selbsterklärend. Ausser vielleicht bei Land Rover finden sich diese Kurbeln heute noch in kaum einem Automobil, sie wurden durch kleine Elektromotoren ersetzt, die zuerst in der Premiumklasse Einzug hielten und bis in unsere Zeit auch die Türen der Kleinwagen eroberten. Die Elektromotoren sieht man nicht mehr, dachte ich und demontierte die hinteren Stossdämpfer, sie sind in den Türen verbaut und werden betätigt durch einen kleinen Hebel oder einen Knopf, der prinzipiell jede Hebel- oder Knopfform haben und überall im Auto verbaut sein könnte, da seine Funktion, das An- und Ausschalten eines elektrischen Impulses, der Funktion des Fensterherunteroderheraufkurbelns bis in das äusserst Minimalistischste entfremdet wurde. Es gibt mittlerweile ziemlich viele Knöpfe und Hebel in einem modernen Automobil, wusste ich, und jeder Knopf und jeder Hebel könnte eine Vielzahl von unterschiedlichen Funktionen auslösen, denn es gibt mittlerweile auch ziemlich viele Funktionen in einem modernen Automobil und man sieht dem einzelnen Knopf und dem einzelnen Hebel nicht mehr ohne Weiteres an, welche konkrete Funktion er auslöst, ob er nun die Klimaanlage in Gang setzt oder die Fenster herunter- oder heraufkurbelt, den Sendersuchlauf im Radio startet, die Klimazonen im Fahrzeug wählt, den Sitz nach hinten schiebt, den Sitz tiefer stellt, die Sitzheizung reguliert, den Tank öffnet, die Türen verriegelt oder die Türen entriegelt. Knöpfe und Hebel sind uniform, dachte ich, nachdem ich feststellen musste, dass einer der alten Stossdämpferaufnahmebolzen für die neuen Stossdämpfer zu gross war, und weil das so ist, müssen wir uns all diese uniformen Knöpfe und Hebel erklären lassen, da diese sich nicht mehr, wie einst die Fensterkurbel, selbst erklären. Wir müssen uns also beispielsweise sagen lassen: „Dies ist der Knopf, mit dem man die Fenster herunterkurbelt.“ Und weil die Ingenieure der Verknopfung und Verhebelung erstens viel zu wenige sind und zweitens auch nicht so viel Zeit haben, um sich während der Fahrt neben jeden Einzelnen von uns zu setzen und immer wieder zu sagen, „Dies ist der Knopf mit dem man die Fenster herunterkurbelt“ und „Dies ist der Hebel, der den Sitz nach hinten schiebt“ oder „Das ist der Knopf für die Klimaanlage und den bedient man so“, haben sie sich die Arbeit erleichtert und fast jeden Knopf und jeden Hebel mit einem Zeichen oder einer Buchstabenabkürzung versehen, die wir verstehen sollen, wenn wir mal wieder an einem Sommertage in einem viel zu heissen Auto sitzen, so wie ich gerade mit meinem viel zu grossen Stossdämpferaufnahmebolzen in einem mir ungewohnten, viel zu heissen Automobil sass, um den Bolzen bei einem Werkzeugmacher abdrehen zu lassen und verzweifelt nach einem Knopf suchte, der die verdammten Fenster für mich herunterkurbeln sollte.

Die allgemeine Verknopfhebelung ist global, denn Knöpfe, Hebel und Autos werden für den globalen Markt produziert. Knöpfe, Hebel und Funktionen, die uns entfremdet werden, müssen durch ihre Zeichen global verstanden werden. Sie müssen u. a. verstanden werden durch deutsche, italienische, französische, brasilianische, spanische, südafrikanische, nordamerikanische und chinesische Autofahrer. Sie müssen verstanden werden durch die Autofahrer der Welt und schaffen deshalb eine Universalsprache der entfremdenden Verknopfhebelung und seltsamerweise gleichzeitig auch einzelne Provinzen der Verknopfhebelung, die sich wiederum gegeneinander entfremden, denn Knöpfe und Hebel mögen globale Bezeichnungen tragen, sind aber in den Autos der unterschiedlichen Marken immer unterschiedlich angeordnet. Das hat, so fand ich während ich den mittlerweile passend abgedrehten Stossdämpferaufnahmebolzen in sein Gewinde schraubte und daraufhin endlich beide neuen hinteren Stossdämpfer montieren konnte, den Effekt einer doppelten Entfremdung, da wir erstens durch die zeichentragenden Knöpfe und Hebel immer mehr den Funktionen entfremdet werden und zweitens uns an immer neue Ordnungen der Entfremdungen gewöhnen müssen, denn es gibt zwar mittlerweile eine Universalsprache der Verknopfhebelung aber keine Universalordnung derselben, so findet sich der Knopf, der die Fensterkurbel ersetzt, bei einigen Fabrikaten in den Türen, bei anderen in der Mitte des Cockpits aber auch zuweilen in der Mittelkonsole zwischen den Vordersitzen. Jedes Fabrikat schafft seine eigene Ordnung der uniformen aber universal bezeichneten, funktionsauslösenden und Funktions entfremdeten Knöpfe und Hebel, der wir uns anzupassen haben, wollen wir das Automobil nach unseren Bedürfnissen bedienen. Und damit wir nicht jedes Mal, wenn wir in unsere Automobile steigen, verrückt werden vor Verzweiflung über eine immer wieder neu zu erbringende Anpassungsleistung, eine nie enden wollende Suche nach den zu der jeweiligen Situation passenden Knöpfen und Hebel, nicht bei 35° Celsius in unseren Autos verdampfen wollen, bei der endlosen Suche nach dem nicht mehr erinnerten Sitz des richtigen Knopfes für die Fensterkurbel, wird uns diese Anpassungsleistung zur Gewohnheit, wir gewöhnen uns an, die vom jeweiligen Hersteller vorgeschriebenen Wege unserer Extremitäten, unserer Arme, Hände und Finger, drücken die richtigen Knöpfe und betätigen die richtigen Hebel zum richtigen Zeitpunkt und denken nach kurzer Zeit in unseren Automobilen gar nicht mehr an die Knöpfe und Hebel, die wir bedienen, da ihre Bedienung uns Gewohnheit geworden ist und die herrschende Ordnung der Knöpfe und Hebel, die niemals die unsere war und die auch nicht mehr die unwillkürliche Ordnung der ursprünglichen Funktionen ist sondern vielmehr die vollkommen willkürliche Ordnung der Ingenieure, eine gegebene Ordnung also, uns ganz und gar in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Wir übernehmen also eine fremde Ordnung, dachte ich, nachdem ich den rostigen, scheppernden Auspuff endlich entfernt hatte, eine fremde Ordnung, die nie die unsere war und die auch nicht mehr die ursprüngliche Ordnung der Funktionen ist, die selbsterklärend waren, sondern eine Ordnung, die von den eigentlichen Funktionen völlig abgelöst ist und die durch und nach ihrer Ablösung von den Funktionen durch die Ingenieure vollkommen willkürlich gestaltet werden kann und die oft genug immer nur so tut, als ob sie die unsere Ordnung wäre oder eine Ordnung, die selbsterklärend ist aber tatsächlich immer nur erklärt wird durch die Ingenieure.

So dachte ich und setzte mich auf meine grüne, leere und umgedrehte Sprudelkiste vor meinem Motorrad ohne Tank, das völlig nutzlos und ohne Auspuff vor mir stand und verstand, dass wenn wir nicht mehr die Maschine durch ihre selbsterklärenden Funktionen bedienen sondern die Maschine durch eine uns bedächtig angewöhnte und willkürliche Ordnung bedienen müssen, wir eigentlich nicht die Maschine bedienen sondern die Ingenieure durch eine Maschine, die so tut, als ob sie durch uns bedient wäre, eigentlich und in Wahrheit uns bedienen.

So dachte ich auf meiner grünen Sprudelkiste angesichts meines Motorrads ohne Tank und dachte an Google, Apple und facebook, dachte an die Deutsche Bank und Goldman Sachs, dachte an Demokratie, dachte an die Regierung und die Opposition und dachte an einen Text, der so tut, als handele er von einem Motorrad ohne Tank aber eigentlich und in Wahrheit immer nur von der Freiheit spricht.

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