Ich und die EnBW

Die EnBW und ich – wir sind Freunde. Auf das Herzlichste einander verbunden schon seit Jahrzehnten. Wenn sich unsere Beziehung auch am Anfang recht einfach, da einseitig gestaltete – ich brauchte Strom, die EnBW hatte Strom, ich verbrauchte Strom und die EnBW schickte eine Rechnung – so sollte sie sich im Verlauf der letzten Jahre doch etwas verkomplizieren, wenn nicht sogar verwirren und das kam so: Eines Tages schickte die EnBW eine ihrer Rechnungen, die immer so schön übersichtlich sind, dass man sich immer so transparent aufgeklärt fühlt, auf der zum ersten Mal ein so genannter EEG/KWK-Anteil ausgewiesen war, der immerhin einen fast vierprozentigen Anstieg meiner Stromkosten bewirkte. Daraufhin schickte ich der EnBW einen Brief, dass ich nach meiner Erinnerung gar keine erneuerbaren Energien bestellt hätte sondern Strom und deshalb auch den EEG/KWK-Anteil nicht zahlen würde. Die EnBW reagierte ganz entgegen ihre sonstigen Gepflogenheiten mit einer echten Informationsoffensive und übersandte mir viele Broschüren, aus denen hervorging, dass die EnBW gar nicht verantwortlich wäre für meinen EEG/KWK-Anteil, dieser vielmehr eine brancheninterne Umlage sei, welche sich die Stromerzeuger hin- und herüberweisen, je nachdem, wer wie viel Strom aus erneuerbaren Energien in das Stromnetz einspeise und sie, die EnBW, sei nunmal per Gesetz verpflichtet, dieses Geld vom Endverbraucher, also mir, einzutreiben. Daraufhin schickte ich der EnBW einen Brief, indem ich mein Verständnis für die bedauernswerte Lage der EnBW bekundete aber auch erklärte, dass es schon sein könnte, dass die EnBW per Gesetz verpflichtet sei, das Geld bei den Endverbrauchern, also auch von mir, einzutreiben, ich aber nicht per Gesetz verpflichtet sei, es ihr, der EnBW, auch zu geben, denn schliesslich und endlich stünden wir in einem Vertragsverhältnis, welches mich nur verpflichtete, steigende Steuern oder öffentliche Abgaben zu tragen, nicht aber brancheninterne Umlagen. Daraufhin schickte die EnBW noch ein paar zunehmend unfreundlicher werdende Briefe, ich schickte noch ein paar zunehmend unfreundlicher werdende Briefe, was am Sachverhalt und meinem Kontostand jedoch wenig änderte, bis die EnBW einem ihrer Briefe ein Urteil des Bundesgerichtshofes beilegte, aus welchem sinngemäss hervorging, dass ich doch verpflichtet sei, den EEG/KWK-Anteil zu zahlen, denn wenn es diesen zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung schon gegeben hätte, was damals nicht der Fall war, ich den EEG/KWK-Anteil ohne Aufhebens akzeptiert und den Vertrag todsicher trotzdem unterschrieben hätte. Da wunderte ich mich über so viel Weisheit unserer obersten Richter, die im Nachhinein wissen konnten, was ich im Vornherein getan haben würde, wenn ich nur gewusst hätte, was im Nachhinein auf mich zukommt, was ich aber im Vornherein nicht wissen konnte und ich überlegte mir, ob es nicht ratsam wäre, vorsichtshalber alle meine Verträge vor der Unterzeichnung zukünftig gleich dem Bundesgerichtshof zu schicken, damit dieser prüfe, was ich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Vornherein alles ahnungslos mitunterzeichnen könnte, das aber erst im Nachhinein wirksam werden würde, wovon ich im Vornherein aber nichts wüsste. Und während ich so überlegte, fühlte ich in mir einen Ärger aufsteigen, fühlte mich geärgert durch die Richter, aber noch viel mehr geärgert durch die EnBW und ich beschloss, die EnBW ab diesem Zeitpunkt konsequent zurückzuärgern, selbst wenn es dazu notwendig sein sollte, Stromerzeuger zu werden, wozu ich mir gleich drei mit Erdgas zu betreibende Blockheizkraftwerke in den Keller stellen liess. Das war dann gleichzeitig die erste Verkomplizierung unserer bisher sehr einfachen, weil einseitigen Beziehung, denn jetzt brauchte ich Strom, die EnBW hatte Strom, ich hatte auch Strom, ich verbrauchte meinen Strom und noch zusätzlichen Strom von der EnBW, die EnBW kaufte meinen überschüssigen, nicht verbrauchten Strom und schickte für den von mir verbrauchten Strom eine Rechnung mit meinem EEG/KWK-Anteil, den ich ihr überwies und mit dem sie meinen Strom bezahlte. So richtig habe ich das damals schon nicht mehr durchschaut, aber immerhin bildete ich mir ein, die Gleichheit der Waffen sei wieder hergestellt und der Ärger wich der vermeintlichen Gewissheit, die EnBW konsequent zurückgeärgert zu haben, bis eines Tages die Stadtwerke, von denen ich mein zur Zurückärgerung der EnBW benötigtes Erdgas bezog, mir eröffneten, dass sie sich leider genötigt sehen, die Preise für das Erdgas zu erhöhen, da irgendwo in Sibirien vor einem halben Jahr eine Erdölpipeline geplatzt sei, was unweigerlich an den Weltmärkten zu einer Erdölpreiserhöhung geführt habe, die ein halbes Jahr später auch bedauerlicherweise immer zu einer Erdgaspreiserhöhung führen müsse, weil der Erdgaspreis nämlich zeitversetzt an den Erdölpreis gekoppelt sei. Daraufhin schickte ich den Stadtwerken einen Brief, dass ich nach meiner Erinnerung gar kein Erdöl bestellt habe sondern Erdgas, es mir also ziemlich egal ist, ob in Sibirien eine Erdölpipeline geplatzt ist oder nicht und ich deshalb auch die Preiserhöhung zurückweisen müsste, es sei denn, sie, die Stadtwerke, würden mich überzeugen, die Preiserhöhung sei rechtmässig, indem sie mir Einblick in die Verträge mit ihren Vorlieferanten gewährten. Die Stadtwerke schickten mir natürlich keinerlei Verträge zu Einsicht sondern reagierten ganz entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheiten mit einer wahren Informationsoffensive und übersandten mir Broschüren und mehrere Testate von Wirtschaftsprüfern, aus denen ich herauslesen sollte, dass mit der Preiserhöhung nicht nur alles rechtens sondern sie auch absolut und zwingend notwendig sei, da die Stadtwerke unter Schmerzen bisher alles unternommen hätten, um der werten Kundschaft, also mir, eine Preiserhöhung zu ersparen, aber jetzt sei einfach ein Punkt erreicht, der wirtschaftliche Druck so gross, da können sie nicht mehr anders und sie baten diesbezüglich um mein Verständnis. Da ich zwischenzeitlich aber erfahren hatte, dass die Stadtwerke gar nicht mehr der Stadt gehörten sondern eigentlich der EnBW, die direkt als auch über dritte Gesellschaften, die wiederum der EnBW gehörten, die Mehrheitsanteile an den Stadtwerken besass, beschloss ich, gar kein Verständnis mehr zu haben und nur noch den alten Erdgaspreis zu zahlen, was ich der EnBW auch schriftlich mitteilte. Daraufhin schickte die EnBW noch ein paar zunehmend unfreundlicher werdende Briefe, ich schickte noch ein paar zunehmend unfreundlicher werdende Briefe, was am Sachverhalt und meinem Kontostand jedoch wenig änderte, bis sich die EnBW wiederum entschloss, mir einen ausserordentlich unfreundlichen Brief zu schicken, in dem sie mir androhte, den Gaszähler abzuklemmen, wenn ich nicht innerhalb einer äusserst knapp bemessenen Frist von nicht ganz einer Woche, den mittlerweile aufgelaufenen Zahlungsrückstand von ca. 4.000 Euro begleichen würde. Und natürlich habe ich den Zahlungsrückstand nicht beglichen und natürlich kam nach einer Woche ein netter Herr von der EnBW, erkundigte sich höflich nach dem Standort des Gaszählers, klemmte diesen ab und verschwand wieder. Und natürlich telefonierte ich daraufhin mit meinem Rechtsanwalt und natürlich beantragten wir eine einstweilige Verfügung, der auch stattgegeben wurde, so dass ich den örtlichen Installateur beauftragen konnte, die Blockheizkraftwerke wieder anzuschliessen und natürlich übernahm die EnBW hierfür die Kosten wie auch schon die Gerichtskosten zuvor. Und nicht nur weil die stattgebende Richterin sich in ihrer Begründung darüber wunderte, wie nur die EnBW einem Pflegeheim das so dringend benötigte Erdgas abschalten konnte sondern auch um die EnBW wieder einmal gehörig zurückzuärgern, entschloss ich mich, die ganze Sache öffentlich zu machen und sie an die Presse zu geben und gerade als ich mich schon freute, am nächsten Morgen die Schlagzeile: „Herzlose EnBW. Im Pflegeheim gequälte Senioren müssen jetzt auch noch frieren!“ in der Tageszeitung zu lesen, da klingelte doch tatsächlich das Telefon und am anderen Ende war einer der Chefs der örtlichen Erdgas-EnBW, der sich ziemlich geknirscht gab und gar nicht verstehen konnte, wie seine Mitarbeiter so gefühllos waren, ausgerechnet einem Pflegeheim das so dringend benötigte Erdgas abzuschalten und der auf einmal ein sehr dringendes Bedürfnis signalisierte, die ganze leidige Angelegenheit doch endlich im gegenseitigen Einvernehmen aus der Welt zu schaffen. Und weil ich auch noch anderes zu tun habe, als immer nur die EnBW zurückzuärgern, willigte ich ein und so trafen sich die zwei Chefs der örtlichen Erdgas-EnBW bei mir und wir tranken einen Kaffee und trafen eine einvernehmliche Regelung. So fügte es sich, dass eine zweite Verkomplizierung unserer anfangs doch sehr einfachen, weil einseitigen Beziehung eingetreten ist, da ich immer noch Strom brauchte, die EnBW Strom aber jetzt auch Erdgas hatte, das ich der EnBW abkaufte, um Strom zu erzeugen, den ich teilweise selbst verbrauchte aber auch teilweise wieder an die EnBW zurückverkaufte, wofür ich der EnBW eine Rechnung stellte und die EnBW mir zwei Rechnungen stellte, eine für Erdgas und eine weitere für den von mir noch zusätzlich verbrauchten Strom mitsamt EEG/KWK-Anteil, den ich der EnBW überwies und mit dem sie meinen Strom bezahlte.

Und so machte ich denn meinen Frieden mit der EnBW, aber natürlich war dieser nur vorübergehender Natur, denn im letzten Dezember musste ich dann in der Zeitung lesen, dass der Herr Mappus beschlossen hatte, die EnBW von den Franzosen zurückzukaufen. Das sorgte dann für die dritte Verkomplizierung meiner anfangs doch sehr einfachen, weil einseitigen Beziehung mit der EnBW, da der Herr Mappus die EnBW natürlich nicht für sich selbst, also für sich persönlich, gekauft hatte sondern als Chef der örtlichen Landesregierung die EnBW sozusagen stellvertretend, in unserem Namen für uns, also auch für mich, gekauft hatte und ich damit jetzt nicht nur drei Blockheizkraftwerke mein eigen nennen konnte sondern gleich auch noch vier Atomkraftwerke, einige Steinkohlekraftwerke, Wasserkraftwerke, Pumpspeicherkraftwerke, Gaswerke, Strom- und Gasleitungen sowie mehrere Trafohäuschen. Durch die Transaktion des Herrn Mappus war ich gleichsam über Nacht zum drittgrössten Energieversorgungsunternehmen Deutschlands aufgestiegen, ich war jetzt Konzern und gleichzeitig irgendwie doppelt, denn ich brauchte Strom, mein Konzern-Ich hatte Strom aber auch Erdgas, das ich mir abkaufte, um Strom zu erzeugen, den ich teilweise selbst verbrauchte aber auch teilweise wieder an mich zurückverkaufte, wofür ich meinem Konzern-Ich eine Rechnung stellte und mein Konzern-Ich mir zwei Rechnungen stellte, eine für Erdgas und eine weitere für den von mir zusätzlich verbrauchten Strom mitsamt EEG/KWK-Anteil, den ich mir überwies und mit dem ich meinen Strom bezahlte. Also so langsam verlor ich ja, das muss ich ehrlich zugeben, was die Beziehung zu der EnBW oder die Beziehung zu uns oder zu mir oder zu wem auch immer anging, den Überblick und da war ich ziemlich froh, dass der Herr Mappus die ganze Angelegenheit nach wie vor fest im Griff hatte. Denn schon im Vornherein des Erwerbs hatte der Herr Mappus raffinierterweise mit dafür gesorgt, dass die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert wurden, weil – wie ja jeder weiss – die Atomkraftwerke die eigentlichen Goldesel der EnBW sind und mit ihren kräftigen Gewinnen massgeblich dazu beitragen sollten, den Erwerb der EnBW durch den Erwerb der EnBW selbst zu finanzieren, indem diese Gewinne als Zins und Tilgung für die geliehene Kaufsumme von ca. 4,7 Milliarden Euro aufgewendet werden sollten. Da kann mal sehen, wie schlau der Herr Mappus ist und wie blöd die Franzosen sind, die vom Herrn Mappus dazu noch viel weniger für die EnBW bezahlt bekommen haben, als die Franzosen dereinst selbst für die EnBW bezahlt haben. Und wie ich so dasass und mir überlegte, wie clever der Herr Mappus ist, dass er einfach die Laufzeit der EnBW verlängert hat, um die EnBW für mich kaufen zu können und ich begriff, dass der Wert der EnBW also massgeblich durch die Laufzeiten der Atomkraftwerke bestimmt ist, die ja durch die Politiker mal gekürzt, mal verlängert werden, gerade so, wie es ihnen passt, da dämmerte in mir die Erkenntnis, dass die Franzosen genau über das, was ich gerade nachdachte, wohl auch nachgedacht haben, bevor sie dem Herrn Mappus, also mir, die EnBW verkauften, denn wenn der Herr Mappus mal nicht mehr der Chef der örtlichen Landesregierung sein sollte und sein Nachfolger mal wieder eine Verkürzung der Laufzeiten beschliessen würde, dann könnten die Franzosen viel weniger Gewinn mit der EnBW machen, wiewohl auch nie mehr ein so guter Kaufpreis für die EnBW zu erzielen wäre, wie der, den der Herr Mappus den Franzosen gezahlt hat. Dass ausgerechnet der Herr Mappus bereits vier Monate nach dem Kauf schon zwei Atomkraftwerke abschaltete, um doch noch die Wahlen zu gewinnen, konnten die Franzosen ebenso wie der Herr Mappus im Vornherein natürlich nicht wissen. Das Verhalten des Herrn Mappus zeigte aber, so dachte ich mir, dass die Franzosen gar nicht so blöd waren, wie mancher annahm, da sie mit ihrer grundsätzlichen Einschätzung der Lage Recht behielten und somit mir und allen anderen Baden-Württembergern, seien sie EnBW-Kunden oder nicht, eine weitere Verkomplizierung unserer anfangs sehr einfachen, weil einseitigen Beziehung zur EnBW entstanden ist, da wir wohl die Zeche zahlen werden für den seinerzeitigen Chef der örtlichen Landesregierung, der sich so furchtbar gern wiederwählen lassen wollte und sich deshalb im September als Macher präsentierte, der sich vehement für die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke einsetzte, um dann im Dezember mal eben so einen Atomkonzern zu kaufen, den keiner braucht, und bereits schon im März die Rentabilität des teuer eingekauften, weil laufzeitverlängerten Konzerns wieder zerstört, indem er Atomkraftwerke abschaltet, die ihm die Refinanzierung seines Deals garantieren sollten und somit den grösstmöglichen Flurschaden seines Ego-Trips allein den Steuerzahlern hinterlässt.

Da wäre es mal besser gewesen, der Herr Mappus hätte den Kaufvertrag über die EnBW gleich an den Bundesgerichtshof zur Prüfung geschickt, denn die hätten ihm ganz bestimmt schon vorher sagen können, was man sich mit so einem Vertrag im Nachhinein alles einhandeln kann, von dem man im Vornherein bei der Unterzeichnung noch gar nichts wusste.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse eine Antwort